90.000 Menschen verschwinden – und niemand fragt warum

90.000 Menschen verschwinden jedes Jahr in Japan.

Einfach so.

Kein Abschied.

Keine Notiz.

Kein Drama.

„Jouhatsu“ (蒸発) – wörtlich „Verdampfung“ – nennt man dieses Phänomen: Menschen, die unter gesellschaftlichem Druck alle Verbindungen abbrechen und sich eine neue Identität aufbauen.

Sie lösen sich auf, um irgendwo neu zu beginnen.

Ein radikaler Neuanfang.

Nicht aus Abenteuerlust. Sondern weil sie keine andere Wahl sehen.

Wenn Scheitern Schande bedeutet. Wenn Schulden Gesichtsverlust bringen. Wenn persönliche Krisen als Makel gelten. Dann wird Verschwinden zum einzigen Ausweg. Die Last der Erwartungen wird unerträglich.

In Japan verlassen sie ihre Stadt. In Deutschland verlassen sie sich selbst.

Nicht sichtbar. Aber fühlbar.

In Deutschland sind es 9,5 Millionen Menschen mit Depressionen in 2024 – ein Anstieg von 1,2 Millionen seit 2020. Mehr als je zuvor.

Noch nie waren wir so vernetzt. Und noch nie waren wir so allein.

Wir hacken unser Essen. Tracken unseren Schlaf. Optimieren unseren Körper. Doch nichts verlängert unser Leben mehr als echte Verbindung.

In den Blue Zones – den Orten, an denen Menschen besonders lange leben – ist die Erklärung dafür überraschend simpel. Ja, sie essen gesund. Ja, sie bewegen sich.

Aber das Entscheidende? Sie essen zusammen. Sie bewegen sich zusammen. Sie leben zusammen.

Und wir?

Wir posten Höhepunkte und verstecken Tiefpunkte. Wir messen alles, was messbar ist – und verlieren das aus den Augen, was wirklich zählt.

Das Problem ist nicht, dass Menschen verschwinden. Das Problem ist, dass wir sie längst übersehen haben.

Das Jouhatsu-Phänomen stellt uns eine einfache Frage:

Haben wir Zugehörigkeit an die Bedingung geknüpft, niemals zu scheitern?

Verschwinden ist einfach. Sichtbar bleiben ist schwer.

Doch genau das braucht unsere Welt: Menschen, die sich zeigen – für sich selbst und für andere.

Ideen für
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Michael Okada

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