Nachts in meinem Hotelzimmer in Tokio – der Schlaf will nicht kommen – läuft einer dieser klassischen Samurai-Filme in Schwarz-Weiß. Während ich dort sitze, mit einer überteuerten Minibar-Cola, trifft es mich plötzlich wie ein Schlag: Wie oft habe ich selbst schon gesagt „Bei dem Chef weiß man nie, was kommt“?
Heute verkündet er das eine, morgen das Gegenteil. Ein Versprechen wird gemacht und nicht gehalten. Immer nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Neudeutsch nennen wir das agil.
Doch ist „Agilität“ in solchen Fällen nicht nur ein Deckmantel für fehlende Haltung?
Der Film dagegen zeigt etwas Zeitloses: Der Bushido-Kodex der Samurai – Ehrlichkeit, Pflichtbewusstsein, Loyalität – war keine Empfehlungsliste. Er war ein unverrückbares Gesetz.
Diese Treue zu Werten schuf Berechenbarkeit, und Berechenbarkeit schafft Vertrauen. Erst dann entsteht echte Zusammenarbeit.
Agilität ist kein Feind der Führung – im Gegenteil. Aber sie braucht einen Fixpunkt: Werte, die nicht verhandelbar sind. Wie ein Kompass im Sturm: Die Nadel mag zittern, aber sie zeigt immer nach Norden.
Apple glaubt an Design. Nike an menschliches Potenzial. SpaceX an interplanetares Leben. Doch wer seine Grundüberzeugungen verrät, verliert sein Team.
Ihre Mitarbeiter müssen nicht jede Entscheidung verstehen. Aber sie müssen spüren, wofür Sie kämpfen.
Die Cola ist leer. Der Samurai kämpft seinen letzten Kampf – nicht für Starrsinn, sondern für Haltung. Draußen dämmert es über Tokio. Und ich denke: Führung ist keine Frage der Tagesform. Sie ist ein Ehrenkodex.