Es gibt diese Momente, in denen sich der Zeitgeist in einer einzigen Äußerung kristallisiert.
Allianz-Vorstandsvorsitzender Oliver Bäte hat uns einen solchen Moment beschert: Wer krank ist, soll den ersten Tag selbst bezahlen.
Ein Blick nach Japan zeigt, wohin dieser Weg führt:
Wer krank ist, nimmt Urlaub.
Oder kommt krank zur Arbeit.
Oder verliert Geld.
Die Japaner haben sogar ein eigenes Wort für die ultimative Konsequenz dieser Kultur: Karōshi – Tod durch Überarbeitung.
Ein Begriff, den nur sie haben.
Ein Begriff, den niemand braucht.
Die Folgen sind messbar:
- Menschen verschleppen Krankheiten.
- Ansteckungen steigen.
- Produktivität sinkt.
- Gesundheitskosten explodieren.
Ausgerechnet ein Versicherungskonzern, dessen Geschäftsmodell auf gegenseitigem Vertrauen basiert, setzt auf Kontrolle statt Vertrauen. Bemerkenswert.
Es ist das alte Denken: Eine Führungskultur, die Kennzahlen über Menschen stellt, die Quartalsergebnisse höher bewertet als langfristige Gesundheit, offenbart ein überholtes Führungsverständnis.
Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Präsentismus, also das Arbeiten trotz Krankheit, verursacht jährlich Milliardenschäden. Menschen, die krank zur Arbeit kommen, stecken Kollegen an. Sie machen Fehler. Sie werden noch kränker.
Am Ende steht die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? In einer, die Krankheit bestraft? Oder in einer, die Gesundheit schützt?
Die Antwort darauf wird nicht in Karenztagen zu finden sein.