Die erste Kugel ging daneben, und die nächste wurde dann gar nicht erst abgefeuert.

Wir haben es doch schon so oft erlebt: Eine Verzweiflungstat, ein Moment der Gewalt, und plötzlich ändert sich die ganze Welt.

Donald Trump hat Glück gehabt. Doch nicht alle politischen Führungspersönlichkeiten teilen dieses Schicksal. Der japanische Premierminister Shinzo Abe wurde am 8. Juli 2022 bei einem Attentat getötet.

Seine Ermordung schockierte die Welt. Nicht nur wegen der Tat an sich, sondern weil solche Gewalt in Japan so selten ist.

Im Jahr 2021 gab es in Japan nur 10 Schusswaffen-Vorfälle und einen einzigen Todesfall – in einem Land mit 125 Millionen Einwohnern. In den USA hingegen gab es im selben Jahr über 47.000 Todesfälle durch Schusswaffen.

Was ist der Unterschied?
Die Kultur.

Die japanische Kultur betont Harmonie, die „Wahrung des Gesichts“ und Gewaltlosigkeit. Von klein auf lernen Japaner, sich der Gruppe anzupassen und die Bedürfnisse des Kollektivs über individuelle Rechte zu stellen.

Das Ergebnis ist eine Gesellschaft, in der Menschen sich sicher fühlen, Laptops unbeaufsichtigt in Cafés zu lassen und wo verlorene Geldbörsen unversehrt zurückgegeben werden.

Ist es perfekt?
Natürlich nicht – keine Kultur ist das.

Aber es steht in starkem Kontrast zum ausgeprägten Individualismus westlicher Gesellschaften, der oft Konflikte fördert.

Was können wir daraus lernen? Nicht, um Japan eins zu eins zu kopieren, sondern um zu verstehen, dass unsere kulturellen Werte unser Handeln weit mehr beeinflussen, als wir oft denken.

Gewalt erzeugt Gewalt.
Es ist ein Kreislauf, der schwer zu durchbrechen ist.

Aber was wäre, wenn wir einen anderen Weg wählen? Wenn wir eine Kultur des Mitgefühls kultivieren, in der wir andere als Teil unseres kollektiven Ganzen sehen, statt als Kontrahenten?

Können wir eine Balance finden zwischen dem Streben nach Selbstverwirklichung und der Verantwortung füreinander?

Können wir eine Welt erschaffen, in der Stärke nicht durch Gewalt, sondern durch Zusammenhalt definiert wird?

Die Wahl liegt bei uns.
Welchen Weg werden wir wählen?